Wenn die Winterwinde durch die Wälder Mecklenburg-Vorpommerns heulen und die Nächte lang und frostig werden, kehrt eine sagenhafte Gestalt ins Unterbewusstsein der Region zurück: Der wintergraue Wanderer und die wilde Jagd.

Der uralte Mythos der wilden Jagd erzählt von einem geisterhaften Heer, das in stürmischen Nächten durch die Lüfte zieht. Angeführt wird die wilde Jagd von Wodan, dem Gott des Sturms, oder in christlichen Deutungen vom Teufel selbst. Begleitet von schwarzen Hunden mit glühenden Augen, kreischt und tobt die wilde Meute durch die winterliche Dunkelheit, während ihr Rufe und Jagdhörner hallen. Wer die wilde Jagd sieht, soll sich ducken oder flach auf den Boden werfen – andernfalls könnte man in die Geisterwelt gerissen werden.
Heute faszinieren diese Sagen so manche Wanderer, die im Winter die düsteren Wälder der Region erkunden. Orte wie die Müritz-Nationalpark-Wälder oder die Rostocker Heide versetzen Besucher in die perfekte Atmosphäre, um den Spuren der wilden Jagd zu folgen – ganz sicher ein Erlebnis, das Geschichte, Mystik und Natur vereint. Der Mythos der wilden Jagd erinnert daran, wie eng die Menschen mit der rauen, ungezähmten Natur ihrer Heimat verbunden waren und es bis heute geblieben sind.

Anrufung an Wodan, den Wintergrauen Wanderer
Wodan, Herr der Stürme,
grauer Wanderer der winterlichen Weiten,
du, der durch eisige Nächte schreitet
und sein Gefolge über dunklen Himmel führt.
Wir rufen dich, weiser Wanderer,
Bringer des Wissens und Hüter der Geheimnisse.
Dein Atem ist der Sturm,
dein Mantel die Wolken,
dein Speer durchdringt die Nebel der Zeit.
Lenke uns durch die Dunkelheit,
durch die frostigen Prüfungen des Winters.
Schenke uns Klarheit im Nebel,
Stärke im Wind und Wärme im Herzen.
Du, der unter der alten Eiche ruht,
der dem rauschenden Wald lauscht
und uns die Geschichten des Lebens lehrt,
weise uns den Weg durch diese lange Nacht.
Sei uns ein Licht, oh Herr des Nordens,
in diesen kalten, stummen Stunden.
Erfülle uns mit Mut, Weisheit und deinem Schutz,
bis das Licht zurückkehrt und die Sonne neu geboren wird.
Höre unseren Ruf, Wodan,
grauer Wanderer des Winters.
Wir folgen deinen Schritten durch die Kälte,
denn in deinem Schatten finden wir Stärke.
