Es ist noch gar nicht so lange her, da schrieb ich von den zwei Gesichtern des Herbstes. Von den warmen Herbstfarben, die sich zunehmend ins Dunkel wandeln. So wie Nerthus ihren Weg antritt ins schützende Erdreich, oder wie sich der Mantel der Vergänglichkeit über alles legt. Längst sind die Gesichter des Herbstes an uns vorbei gezogen.
Da passen die bekannten Worte: Zögernd kommt die Zukunft hergezogen, pfeilschnell ist das Jetzt entflogen, ewig still steht die Vergangenheit.
Still stehen auch Blatt und Halm, wenn sich erst das Eis über sie legt. Der Winter hat den Mantel der Vergänglichkeit weggerissen und in sein weißes Antlitz gehüllt. Alles liegt wie erstorben dar, doch die Wachstumskräfte haben sich nur zurückgezogen. Alles wirkt wie erstarrt, zumindest dort wo man den emsigen vorweihnachtlichen Dezember hinter sich lässt. Was nicht leicht ist. Dennoch müssen wir diesen Schritt gehen, jeder für sich. Man kann es natürlich auch bleiben lassen, das liegt ja bei jedem selbst. Doch verbirgt sich in dem äußeren Erstarrtsein, das wir in der Natur erkennen, auch die Gabe, die uns die Wintergötter Skadi und Ullr bringen…
Die Rune ISA bringt alle Bewegung zum Stillstand, je nach Intensität ihrer Kraft. In der normalen und uns bekannten Ausprägung, in unseren Breitengraden, bringt sie eisigen Stillstand, der zugleich Bewahrung ist (z.B. in Form der schützenden Schneedecke), oder Erstarrung, welche zugleich auch Loslösung bedeutet.
Wenn ich in dieser Jahreszeit über das eisige Feld laufe, merke ich oft wie alles Alltägliche zurückbleibt. Das klingt zunächst banal, ist aber von entscheidender Bedeutung. Wer in seiner Betriebsamkeit gefangen ist, verliert den Blick für das Wesentliche. Nicht ohne Grund wird dies auch die Froschperspektive genannt. Dieser Zustand kostet unwahrscheinlich viel Kraft und hindert uns oft daran, die Dinge klar zu sehen. Dies ist vollkommen anders in der Kälte. Denn in der Gegenwart der elementaren Kräfte wird man auf sich selbst zurückgeworfen – und sieht sein Ich allein vor der Urkraft. Raus aus der Froschperspektive heißt, die Dinge um sich herum gewissermaßen von oben zu betrachten. Nun schöpft man die Kraft, die notwendigen und richtigen Entscheidungen zu treffen. Und manche Wege zeichnen sich klarer heraus. Das sind die Gaben der winterlich Waltenden. Man muss sie jedoch erkennen.
Hin und wieder halte ich es für notwendig, ins Innere einzutreten. Damit meine ich den heiligen Kreis, den man betritt, um in Dialog und Austausch zu treten mit den Waltenden. Klarheit, Weisung, Wegfindung, Undeutliches deutlicher sehen, Erkennen… sind oft Dinge von unschätzbarem Wert.
Wake Skadi
Jeden Winter muss ich an das fantastische Lied von Hagalaz‘ Runedance denken. ‚Wake Skadi‘ ist leicht zu finden auf YouTube oder anderen Portalen. Daher verzichte ich auch auf eine Verlinkung, denn wer es hören möchte, findet es. Andrea Haugen war die Frau hinter dem Projekt, und nicht nur hinter diesem. Ihre schaffens- und zugleich facettenreiche Persönlichkeit brachte eine Vielzahl an Dingen hervor, die man entweder mochte oder ganz und gar ablehnte. Vielleicht war es auch ein stückweit innere Zerrissenheit, die es oft schwer bis unmöglich macht, Gegensätzliches miteinander zu vereinen. Letztlich weiß ich es nicht und werde es bedauerlicherweise auch nicht mehr erfahren können. Andrea Haugen fiel am 13.10.2021 dem Anschlag von Kongsberg zum Opfer. Es heißt, sie sei von dem Täter mit Pfeil und Bogen erschossen worden. Ruhe in Frieden, Andrea.
Eiskristalle am Fenster
Eiskristalle an Fenstern, sogenannte Eisblumen, sind heute ja eher selten geworden durch die mehrfach-verglasten Fenster. Da es in unserem Nebengebäude jedoch auf Isolierung nicht so ankommt, hatte ich vor einigen Jahren einfache Fenster verbaut, was auch völlig ok ist. Toll anzusehen ist das besonders jetzt bei Frost, wenn die Feuchtigkeit auf der Fensterscheibe durch und durch gefroren ist. Das sieht dann nämlich so aus…
Zu guter Letzt… ein langer Weg
Mir war es wichtig einen Winterbeitrag zu schreiben und diesen mit einigen Gedanken und Impressionen zu füllen, die mich eben in dieser Zeit so beschäftigen. Es wirkt heilsam, sich von dem Wahnsinn der Welt abzukoppeln und sich zumindest für einen Funken lang nicht all dem Irrsinn „da draußen“ aussetzen zu müssen. Was meine ich damit?
Es ist generell so, dass ich Medien und Nachrichten (gemeint sind die sogenannten Mainstream-Medien, die eine gleichgeschaltete Einheitsmeinung verbreiten) nur wenig konsumiere. Das heißt, dass ich sie bewusst nur spärlich an mich heranlasse, so gut es eben geht. Doch warum schreibe ich das hier? Ich habe lange überlegt, ob ich mich mit gewissen Spitzen in meinen Beiträgen hier im Blog zum allgegenwärtigen dauerkrisenhaften Geschehen äußere, zu den staatlichen Übergriffen ins Private und vieles mehr. Doch ich habe mich dagegen entschieden. Bis auf diese Andeutungen nun an dieser Stelle, denen man ja unschwer meine Widerborstigkeit und das Verlangen nach Selbstbestimmung entnehmen kann, werde ich mich zu den Fehlentwicklungen nicht äußern.
Ich habe mich entschlossen, die Alte Sitte (hier und auf Asentr.eu) so zu verstehen und darzustellen, dass man etwas Zeitloses darin erkennt. Denn das ist es, was uns die Götter geben: Eine zeitlose Feste inmitten aller Stürme. Die Sagen und Erzählungen sind voll von den Wirren der Zeit. Und auch wenn sie selber oft eine entscheidende Rolle darin spielten, so fällt es dem Beteiligten aus der Einzelsituation heraus schwer, das große Ganze zu erkennen. Wenn ich mir das in schweren Momenten wieder mal vor Augen führe, dann bin ich gewiss, dass mir die Götter mit dieser Geisteswelt zugleich Kraft- und Ruhepol geben, aus dem ich immer wieder meine Orientierungsmarken schöpfe. Und das kann ich nur jedem von euch ans Herz legen.
Schöne Worte. Und vielen Dank für die Webseiten. Sie wurden zu meinem täglich Nachschlagewerk.
Danke, das freut mich 🙂
Treffend an mancher Stelle.
Danke.
Gruß vom Niederrhein
Grüße zurück aus M-V, dem Land der drei Meere… (Kiefernmeer, Sandmeer, nichts mehr…). Mein Beitrag ist eine Sammlung von Gedanken, daher kann ich gut verstehen, wenn das eine mehr und das andere weniger passt.
Schöne Worte und gut, die Zeitlosigkeit (Überzeitlichkeit?) der Religion zu betonen. Es ist gut fürs Seelenheil, diesen Bereich nicht mit Tagespolitik zu beflecken. Dir und Deiner Familie ein schönes Julfest!
Danke Stilkam, vor allem auch für den Hinweis auf die Überzeitlichkeit. Das trifft es eher denke ich, weil die göttlichen Handlungen ja durchaus Zeitverläufen unterliegen, demnach nicht wirklich zeitlos sind. Allzeitlichkeit würde demnach auch passen. Dir und deiner Familie ebenfalls ein schönes Julfest.
Fakt ist, das nichts wirklich Zufall ist.
Der Zeitpunkt deines Beitrages konnte passender für mich nicht sein und zieht heute eine Änderung und Konsequenz nach sich. Dazu melde ich mich noch bei dir (geht dabei nicht um die Kündigung)
Ein weiteres Mal hast du -diesmal unbewusst- was für mich getan.
Danke.
Heil dir, Ingmar.
Wiedermal ein wunderschöner und inspirierender Text mit vertrauten Bildern.
Ich war letztes Wochenende auch mal wieder in MV wandern und eine Nacht draußen. Es war wunderschön, die schneebedeckte Landschaft, gute Gespräche des nachts am Feuer und wieder die Kraft der Natur (in Form der klaren Kälte) spüren- weg von dem Äußeren unserer täglichen „Welt“ zurück zum Inneren und mehr Verbindung mit den Göttern.
Ich wünsche Dir und Deinen Lieben eine schöne Zeit und gute Rauhnächte.