Gedanke und Erinnerung

Letzten Herbst war ich frühmorgens im Wald unterwegs. Kleine Wanderung, Atmosphäre aufnehmen, Geist öffnen und Gedanken klären und einfach…ja, die Ruhe des Waldes genießen. An einer besonderen Stelle brach der Ruf eines Raben in die Stille – und das war einer dieser Momente, die einem ganz besonders erscheinen, die sich deutlich aus der Alltäglichkeit herausheben und es für einen selbst unvergesslich machen. Ich notierte mir also ein paar Zeilen…

Blassblaue Wolken liegen über dem Wald. Von der Erde umliegender Felder hebt sich feiner Dunst und sättigt die frische Luft des warmen Vortages. Düster wirken die Laub- und Nadelbäume, wenn sie still und unbewegt in der hellen Landschaft emporragen. Die schwarze Erde der umliegenden Felder zu ihren Füßen.

In den Morgenstunden kurz nach Tagesanbruch wandere ich den Weg in den Wald. An einer Kreuzung begegne ich einem Reiter und ruhigen Trabes umfängt ihn auf seinem Pferd die Morgenstimmung. Wir grüßen uns flüchtig, während mich mein Weg weiter auf eine Lichtung führt. Gegen den hellen Himmel stehen in dunkelgrünem Kontrast die hohen Stämme. Langsam zeichnet sich weit oben eine schwarze Kontur ab, am Wolkengrau. Ein dunkler, näher kommender Punkt im Astwerk. Dann erkenne ich ihn, den Raben. Sein schwarzes Gefieder ist so herrlich anzusehen. Mitten in der Lichtung stehe ich und beobachte gebannt seinen Flug. Dann durchbricht der heisere Ruf die Stille und hallt an vielen Baumstämmen wider. Der Ruf eines zweiten Raben folgt etwas leiser in der Entfernung, während auch er sich nähert. Im Widerklang vereinen sich ihre Stimmen.

Ich erkenne, wie sie durch’s Geäst gleiten und sich im Baumwipfel niederlassen, unweit von mir entfernt. Dort werden sie für mich unsichtbar. Als ich weitergehe, erheben sie sich und kreisen über dem Wald. Wieder hallt ihr Rufen über mich hinweg in die Weite des Waldes. Immer wieder kann ich sie direkt über mir erkennen, als würden sie mir folgen. Doch nach und nach verebben ihre Laute während sie höher gleiten. Dann sind sie meiner Sicht entzogen. Kein Hinweis scheint mehr auf diese Begegnung hinzudeuten. Was bleibt sind Gedanke und Erinnerung. Funkelnde Strahlen dringen in der Höhe der Wipfel hervor und verlaufen sich auf dem feuchten Moos am Boden.

Buchbesprechungen Dezember 2020

Am 22.12.2020 haben wir mit den ersten Buchbesprechungen-/ vorstellungen via Skype begonnen. Dörthe stellt folgende Bücher vor:

Der alte Pfad und die Rauhnächte (Alexa Szeli)

Homepage von A. Szeli: www.taste-of-power.de

Ein schönes leichtes Beiwerk. Am Anfang fasst Szeli die wichtigsten Grundlagen der Mythologie zusammen, fokussiert sich stark auf den Frau Holle-Mythos, den sie mit Frigg gleichsetzt. Der zweite Teil konzentriert sich auf Meditationen und Selbstfindung zur Zeit der Rauhnächte, aber auch außerhalb dieser Zeit lesbar und inspirierend.

Wege zu den alten Götter (Vicky Gabriel und William Anderson)

Als Leitfaden zur Priesterschaft gedacht – lässt sich aber auch ohne diese Ambitionen sehr gut lesen. Starker Praxisbezug, wenn auch heidnisch übergreifend und ohne Schwerpunkt, so dass es für viele heidnische Strömungen geeignet ist. Gabriel und Anderson geben viele
Anstöße zur Selbstreflektion und Möglichkeiten selbst in Ritualgestaltungen zu finden.

Nordische Mythen und Sagen (Neil Gaiman)

Hervorragend geeignet für den Einstieg zu Göttersagen und Legenden. Bietet sich an parallel oder vor der Edda zu lesen und vereinfacht den Zugang deutlich für Unerfahrene und Jüngere. Aber auch, wenn man sich schon länger mit der Edda beschäftigt hat, zeigt Gaiman einen sehr angenehmen Erzählstil bekannte Geschichten der Götter zu erzählen. Man fühlt sich ans Lagerfeuer zurückversetzt.

Das Ritual (Victor Turner)

Turner analysiert auf Grund eines Forschungsprojekts die Rituale des afrikanischen Stammesvolkes der Ndembu, zieht Paralellen bis hin zu unserer heutigen Gesellschaft und definiert die Bedeutung von Ritualen für die Gesellschaft. Interessant vor allem der vielen Ähnlichkeiten von Ritualaufbauten zur heidnischen Gebräuchen und wie wir als Asatru unsere Rituale gestalten.

Das große Praxisbuch der Runen (Constanze Steinfeldt)

Hat weder was mit Asatru, noch mit Runen, wie wir sie verstehen zu tun.
Ist aber lustig (Ironie).

Persönliche Empfehlung: Die heidnische Reise – Jahreskreis 2021

Seit vielen Jahren, oder um genau zu sein seit 2013, bringt Dirk Zach den Kalender „Heidnische Reise“ heraus und liefert damit einen vielseitigen und kunstvoll bebilderten Begleiter durch den Jahreskreis. Angenehm empfinde ich dabei seine Beschreibungen, die immer ausgewogen den richtigen Ton treffen und sich nicht nur allein auf germanische und keltische Aspekte konzentrieren, sondern durchaus mal den einen oder anderen Blick über den gewohnten Tellerrand wagen. Denn wer kennt sie nicht… tunnelblickartige und belehrende Texte, oder die autoritär anmutenden Jahrweiser, von denen man nie so genau weiß, in welches Horn sie stoßen.

All dies ist bei Dirk Zach’s Heidnischer Reise erfrischend anders. Hier kann man guten Gewissens zugreifen oder den Kalender auch prima an Freunde verschenken. Naturfotografien bilden das tragende Element.

Heidnische Reise

Waldstallar

Abendlich schon rauscht der Wald
Aus den tiefen Gründen,
Droben wird Allvater nun bald
Die hellen Sterne entzünden
Und im blauen Gewand uns künden
Abendlich nun rauscht der Wald.

(Eichendorff abgewandelt)

Letztens stand ich draußen an meinem Holzstapel und blickte auf das teilweise gespaltene Holz. Dabei fiel mir ein Buchenstamm ins Auge, oder eher das Stück eines Stamms. Denn dieser war aufgespalten und wie es das harte Buchenholz oft so an sich hat, spaltet es sauber entlang der Holzfaser, so dass sich manchmal fast so etwas wie kleine Brettchen bilden. Nun wog ich eben so eines prüfend in den Händen und dachte dabei an meine Runden durch die mecklenburger Waldeinsamkeit… wie sich ein kleiner Holzaltar wohl in so einer Waldlichtung machen würde?

Gut. Gut macht er sich, geradezu prächtig wie man auf dem Bild sieht. Das erwähnte Buchenstück habe ich grob zugesägt und geschliffen, so dass sich eine schöne Oberfläche ergibt. Die Füße habe ich dann geschmiedet, ebenso den Ring.

Als Freund der einfachen und archaischen Formen ist dies ein Stallar, also ein kleines Altartischchen zur leichten Mitnahme im Rucksack gedacht auf Streiftouren durch den Wald oder Blót-Wanderungen. Es gibt so viele erhabene Momente in manch waldlichtdurchfluteter Lichtung die zur kurzen Einkehr einladen, gerade dies in einer gerahmten Form zu zelebrieren.

Nun habe ich noch mal in meinem Holzstapel gestöbert und ein paar weitere Holzbohlen aus Eiche zugerichtet. Besonders nach dem Feinschliff bekommt Eiche eine ganz tolle Oberfläche. Die Götter werden’s danken, von so einem Stallar verehrt zu werden… 😉 Demnächst werde ich mit einem Freund eine langgeplante Sigrblót-Wanderung antreten und den Waldstallar dazu mitnehmen. Darüber hinaus werde ich wahrscheinlich noch einen aus dem erwähnten Eichenholz bauen und dann überlegen, ob ich den hier unter Unikate reinstelle. Bis dahin… es rauscht der Wald.