Der Heidnische Naturzyklus: Ein Leben im Einklang mit den Jahreszeiten

Der heidnische Naturzyklus ist tief verwurzelt in der Beobachtung der natürlichen Rhythmen, die unser Leben und unsere Umwelt bestimmen. In vielen heidnischen Traditionen wurde das Jahr in die verschiedenen Jahreskreisfeste unterteilt, welche den Wechsel der Jahreszeiten und die damit verbundenen Energien reflektieren. Dieser Zyklus ist nicht nur ein spirituelles Konzept, sondern auch eine praktische Art und Weise, sich mit den natürlichen Kräften zu verbinden, die das Leben auf der Erde prägen.

Die Bedeutung des Naturzyklus

Der Naturzyklus im Heidentum beruht auf dem Verständnis, dass die Natur und der Mensch miteinander verflochten sind. In vielen heidnischen Traditionen wird die Erde als lebendig und heilig betrachtet. Sie hat ihre eigenen Zyklen, die sich in den Jahreszeiten widerspiegeln. Diese Zyklen spiegeln den ewigen Tanz von Leben, Tod und Wiedergeburt wider. Das Jahr ist nicht einfach eine Abfolge von Monaten, sondern eine Spirale von Wachstum, Reife, Tod und Erneuerung.

Der heidnische Naturzyklus spiegelt auch die zyklische Natur des Lebens wider. Wie die Jahreszeiten kommen und gehen, so ist auch das menschliche Leben von Perioden des Wachstums, der Reife, des Verfalls und der Erneuerung geprägt. Die verschiedenen Feste des Zyklus helfen, diese Übergänge bewusst zu erleben und zu feiern, sie fördern eine tiefe Verbindung zur Erde und ein besseres Verständnis des eigenen Lebensweges.

Symbolik und Praxis

Jahreszeitliche Rituale: Die Jahresfeste können durch Rituale und Feiern begangen werden. Dies kann von einem einfachen Spaziergang im Wald zu den Jahreszeiten bis hin zu detaillierten Zeremonien reichen, bei denen Opfergaben dargebracht oder Altäre geschmückt werden.

Der heidnische Naturzyklus lädt uns dazu ein, aufmerksamer und bewusster zu leben. Indem wir uns bewusst auf die Zyklen der Natur einlassen, lernen wir, im Einklang mit den natürlichen Rhythmen zu leben und unsere eigenen inneren Zyklen zu erkennen.

Reflexion und Erneuerung: Zu jeder Jahreszeit gibt es Momente der Reflexion und der Selbstüberprüfung. Welche Aspekte unseres Lebens erfordern eine Erneuerung? Wo ist es an der Zeit, etwas loszulassen, und wo können wir neues Leben säen?

Schlussgedanken

Im Grunde kann man den heidnischen Naturzyklus als eine Einladung sehen, mit der Erde und ihren Rhythmen in Einklang zu leben. Er erinnert uns daran, dass alles Leben einem zyklischen Prozess folgt, der nicht nur in der Natur, sondern auch in uns selbst stattfindet. Indem wir uns auf diese Zyklen einlassen, können wir ein tiefes Gefühl der Verbundenheit und des Respekts für die Welt um uns herum entwickeln und unser Leben in Harmonie mit den natürlichen Kräften gestalten.

Ob du dich nun den heidnischen Traditionen zugehörig fühlst oder einfach nach einer Möglichkeit suchst, dein Leben mehr mit der Natur in Einklang zu bringen – der Naturzyklus bietet wertvolle Perspektiven, um den Wandel zu akzeptieren und die ständige Erneuerung zu feiern.

Herbst

Noch vor kurzem schrieb ich von der „Vorernte“, der beginnenden Erntezeit. Das ist längst vorbei. Nerthus hat ihren Weg ins schützende Erdreich angetreten.

Davor liegen die Kräuter, die wir im Spätsommer und zu Beginn des Herbstes gesammelt und getrocknet haben. Zu sehen sind Elsbeere, Wildkirsche, Hagebutte, Eibe, Wacholder, Rainfarn, Beifuß, Spitzwegerich und Lavendel.

Die getrockneten Kräuter lassen sich leicht zerkleinern und zu einer Räuchermischung verarbeiten. Danach sieht’s dann so aus:

Sie symbolisieren damit auch ein stückweit das Pflanzenwachstum auf unserem Hof und erstrecken sich über die ganze Spanne des Jahreskreises vom Wiedererwachen über die Entfaltung – äußeres und inneres Wachstum – bis zum Rückzug, der sich ja gerade jetzt im Spätherbst gut erleben lässt. Drei Runen lassen sich damit gut in Verbindung bringen:

Die drei Herbst-Runen Raidho, Kenaz und Gebo

Raidho symbolisiert hier die vollendete Ordnung. Geordnete Bewegung und bekannter Rhythmus geben auch im übertragenen Sinn eine Wegbestimmung, ein „Bewegtwerden“ des Menschen im Jahres- wie auch im Lebenskreis.

Kenaz das Wissen, die Einsicht. Kenaz verkörpert die Notwendigkeit des Ausgleichs, Transformation, auch „inneres Feuer“, Lebenskraft und Leidenschaft.

Gebo steht für die Dualität zwischen Erdmutter (für die Wachstumskraft, die sich in der Ernte manifestiert hat) und Himmelsvater (für Sonne und Regen, die die Ernte gedeihen ließen). Gabe – Gegengabe – Austausch.

Vorernte & Kräuterzeit

Die Zeit vor der Ernte ist längst angebrochen und zumindest bei uns im Nordosten geben Sonne, Himmel und Erde der Reife noch einen Moment, sofern nicht Hræsvelgr, der riesige Adler in den Weiten Yggdrasils, der mit seinen mächtigen Schwingen den Wind erzeugt, zu sehr an den Früchten zerrt.

Freyr schütze Wachstum und Ernte

Dann fällt natürlich noch das eine oder andere Exemplar zu Boden. Da jedoch auch Freyr für fruchtbarkeits- und wachstumsförderndes Wetter und guten Wind zuständig ist, möge er seinen Teil dazu beitragen. Was sich in unserem Naturgarten, aber auch an vielen anderen Stellen, sehr förderlich entwickelt, sind die vielen Kräuter der Sommerzeit. Schafgarbe, Rainfarn, Beifuss und Spitzwegerich sind überall zu entdecken, um nur mal einige zu nennen. Diese eigenen sich ausgezeichnet, um sie getrocknet als Grundbestandteil für eine wohltuende und duftende Räuchermischung zu verwenden.

Rainfarn ist eine robuste Pflanze, die fast überall vorkommt

Beim Durchstreifen unseres Gartens habe ich mir überlegt, dieses Jahr mal wieder so eine Räuchermischung herzustellen. Es ist ja nicht schwer, aber die letzten Jahre habe ich oftmals drauf verzichtet, weil wir noch so viel anderen Räucherkram im Schrank haben. Wie auch immer. Jedenfalls kommen noch hinzu: Wildkirsche (nicht Tollkirsche), Eibe, Efeu, Wacholder, Moos, Eiche, also mithin auch einige Bestandteile, mit denen es ratsam ist etwas vorsichtiger umzugehen.

Die Wildkirsche, auch Vogelkirsche oder Waldkirsche genannt, ist die Ausgangsform der meisten Süßkirsch-Kulturformen. Sie wächst bei uns von Natur aus im Garten und war sozusagen sogar vor uns hier.
Eibe
Wacholder

Über die Räuchermischung Naturgarten & Heiligtum schreibe ich noch in einem separaten Beitrag, welche Runen ich welchen Pflanzenpaaren zuordne. Beispielsweise sind Eibe und Efeu ja klassische Heiligtums-Pflanzen, sicherlich auch Hasel und Wacholder, oder Holunder, der allerdings auf unserem sandigen Boden leider nicht gekommen ist.

Sommergrüße

An einem dieser heißen Tage in der völligen Entfaltung der sommerlichen Sonne gingen wir einen schattigen, durch hohe Bäume geschützten Waldweg um einen See.

Und wie ich noch vor kurzem zur Sonnenwende von der guten Rune FEHU schrieb, wie sie zum jahreszeitlichen Höhepunkt die Fülle und Reife versinnbildlicht als ein Zeichen für gutes Werden und Wachsen, so richteten sich unsere Blicke empor auf die Äste vor uns:

Das Gute und Schöne liegt in der Welt, in unserer Welt Midgard, oft direkt vor unseren Augen. Lasst das Negative und Verwirrende einmal außen vor und geht mit wachen Augen durch Midgard. Es tut gut.

Ein Ausschnitt aus einer Isländer-Saga bleibt mir seit jeher in Erinnerung, weil sie so unterschiedliche Facetten hat und so ein kraftvolles Bild ist:

Die Saga von Brennu-Njáll
Am nächsten Morgen machte er sich in aller Frühe fertig, um zum Schiffe zu reiten – und allen auf dem Hof zu verkünden, daß er nun endgültig abreisen werde. Sie nehmen es schwer und haben Hoffnung, daß er eines Tages doch wieder heimkehren möge. Als Gunnar fertig war, verabschiedete er sich von jedem Einzelnen. Er rammte den Hauspieß in den Boden und stieg in den Sattel. Dann ritt er mit Kolskegg davon. Als er an den Markarfljót kam, strauchelte sein Pferd und er sprang vom Sattel. Gunnars Blick fiel zurück auf den Hof und auf die sanften Hänge – und er sagte: „Schön ist dieser Hang, aber so schön habe ich ihn noch nie gesehen, helle Felder und gemähte Wiesen. Ich werde nach Hause zurückreiten und nirgends hinfahren.“

In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Sommerzeit. Lasst eure Blicke ruhig in die Ferne gleiten, aber besinnt euch auch auf das Gute und Schöne zu Hause.

Sommergrüße